Gedenken an die getöteten Genossinnen und Genossen der SPD

Veröffentlicht am 20.10.2010 in Allgemein

Rede vom 16.10.2010 am Gedemkstein

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben uns heute hier versammelt, um der Opfer faschistischer Gewalt hier im ehemaligen KZ Flossenbürg, und damit auch unserer getöteten Genossinnen und Genossen zu gedenken.

Das NS-Terrorregime hat hier in Flossenbürg seit 1938 über 7 Jahre hinweg ca. 100.000 Häftlinge gefangen gehalten, von denen ca. 30.000 ermordet wurden, oder der "Vernichtung durch Arbeit" zum Opfer gefallen sind.
In diesen Lagern plante der Nazi- und SS-Terrorapparat durch Zwangsarbeit, Hunger, Willkür und Schikane die Vernichtung menschlichen Lebens. Besonders gravierend ist, dass die Privatwirtschaft hier von Anfang an am Bau und dem Betrieb des Lagers mitgwirkt hat - und daher kann niemand sagen: ICH HABE JA NICHTS GEWUSST VON TOD, LEID, UND DEN OPFERN.

Unter diesen vielen Tausend Opfern aus der ganzen Welt, die hier zu Tode gekommen sind, waren viele auch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. GenossInnen und Genossen aus dem Sudetenland wurden aufgrund der örtlichen Nähe hier interniert und ermordet, aber selbstverständlich auch SozialistInnen und Sozialisten aus ganz Europa.

Insgesamt wurden vor allem die Mitglieder und Abgeordneten der SPD und der KPD, sowie systemkritische Gewerkschaftsfunktionäre seit der Machtergreifung der Nazis im Jahre 1933 systematisch verfolgt und als sogenannte politische Gefangene inhaftiert, auch hier in Flossenbürg.

An der Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz 1933 konnten von den 120 Abgeordenten der SPD bereits 26 schon nicht mehr teilnehmen, weil sie festgenommen wurden, oder fliehen mussten. Die KPD war bereits völlig zerschlagen. Und so waren es auch einzig und allein die verbleibenden 94 SPD-Abgeordneten, die gegen das Ermächtigungsgesetz Hitlers stimmten. Das Zentrum, die Liberalen, unter ihnen auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuss, der Christlich-Soziale Volksdienst, die Bayerische Volkspartei oder die DNVP, alle stimmten geschlossen mit JA, und ermöglichten Hitler somit, seinen unvorstellbaren Wahnsinn durchzuführen.

Nicht so die SPD, obwohl alle Abgeordneten wussten, was auf sie zukommt. Sie verrieten ihr Gewissen nicht. Sie begingen keinen Verrat an der Menschlichkeit und sie fielen nicht zu Boden, als manch andere die Demokratie beerdigten.
In der Folge wurden auch hier in Flossenbürg Vertreterinnen und Vertreter der SPD interniert. Ein prominentes Beispiel ist Kurt Schumacher, der nach seiner Gefangenschaft ab 1946 Parteivositzender der SPD war und als Oppositionsführer im ersten deutschen Bundestag gegen das Vergessen und Verschweigen der Adenauer-Regierung gekämpft hat und einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der SPD in Westdeutschland lieferte. Er, der sein Leben in den Dienst der Demokratie gestellt hat, wurde hier gefoltert, gequält und bereits 1952 verstarb er vile zu früh im Alter von 57 Jahren. Die Folgen der langjährigen KZ-Gefangenschaft haben selbst ihn zu Fall gebracht.

Weitere Beispiele:

Täter und Opfer begegnen sich nach ihrer Zeit in Flossenbürg wieder. In der BRD wurde jedoch über viele Nazivergangenheiten der Deckmantel des Schweigens gelegt, teilweise bis heute, sodass ein stellvertretender Leiter eines Außenlagers des KZ Flossenbürg in Litoměřice sogar einige Jahre später zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Sein Name: Heinrich Lübke.

Wir tragen als Mitglieder, Funktionäre und Mandatsträger der SPD eine große Verantwortung aufgrund unseres geschichtlichen Erbes. Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass Rassismus, Antisemitismus und Hass gegen Minderheiten in unserer Gesellschaft nie wieder Fuss fassen können. Bestehende neofaschistische Strukturen müssen wir mit allen Mittlen des Rechtsstaats und der Demokratie bekämpfen. Die aktuellen Entwicklungen sind dabei um so schlimmer, als dass ein Mensch, der selbst für sich in Anspruch nimmt Sozialdemokrat zu sein, genetische Rassenideologien streut, den sozialen Aufstieg durch Bildung verneint indem er Intelligenz als vererbbar ansieht, und damit ein Menschenbild zeichnet, dass den Tätern von Flossenbürg sicher gut gefallen hätte.

Wir hören abschließend die Worte von Otto Wels, der die letzte freiheitliche Rede im deutschen Reichstag hielt, bevor die Nazis ihrem Terror freien Lauf ließen:
Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten […]

Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen. Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“

Liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns uns derer, die hier unvorstellbares Leid erfahren haben, die für unsere Freiheit ihre eigene Freiheit aufgaben und in den Tod gegangen sind, und die auch in dunkelster Stunde die Grundwerte des Sozialismus nie verraten haben sondern für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gekämpft haben, im stillen Gedenken.

Zu Euch rufen wir: Eure Taten werden nie vergessen, Eure Opfer waren nie vergebens, und Euer Kampf ist unsere Aufgabe.

NIE WIEDER KRIEG, NIE WIEDER FASCHISMUS, NIE WIEDER ANTISEMITISMUS!

 

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