Regensburg. „Wenn einer eine Reise tut,/ so kann er was erzählen./ Drum nahm ich meinen Stock und Hut/ Und tät das Reisen wählen.“ Diesen Vers des vor 200 Jahren gestorbenen und vor 275 Jahren geborenen Dichters Matthias Claudius nahmen sich gleich ein knappes halbes Hundert 60plus-Mitglieder des Unterbezirks Regensburg- Stadt und Land zu Herzen und fuhren Mitte Oktober unter der Leitung der Vorsitzenden Brigitte Wilhelm nach Pilsen, der Kulturhauptstadt Europas 2015 und Partnerstadt von Regensburg seit 25 Jahren. Den Bus des Steinsberger Unternehmens Dechant hatte Eberhard Krüger organisiert; Martin Auer hatte das anspruchsvolle Programm vor Ort vorbereitet und vor allem den Kontakt zur örtlichen sozialdemokratischen Partei hergestellt. Als wahrer Glücksfall erwies sich Altbürgermeister Walter Annuß. Sachkundig unterhielt er schon auf der Hinfahrt ab Waidhaus bis Pilsen die Reisegesellschaft mit fundierten Informationen über die Geschichte, Wirtschaft und Landschaft Westböhmens und den Aufstieg Pilsens vom der mittelalterlichen Handwerks- Handelszentrum zur Wirtschafts- und Industriemetropole im späten 19. Jahrhundert. Ganz im Sinne von Theodor Fontane: „Wenn du reisen willst, musst du die Geschichte dieses Landes kennen und lieben.“
So vorbereitet machten sich die Regensburger SPD-Seniorinnen und Senioren auf eine erste Erkundungstour mit einer von Pilsen’s Tourismuszentrale vermittelten Stadtführerin durch die Altstadt. Ausgangspunkt war der Platz der Republik mit der spätgotischen St. Bartolomäus-Kathedrale im Mittelpunkt, früher Pfarrkirche, seit 1993 Dom und Bischofskirche, und mit der großartigen Renaissance-Fassade des Rathauses der inzwischen 720 Jahre alten Stadt. Vorbei an großen Gebäuden des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit historisierenden und Jugendstil-Fassaden führte der Weg durch den Stadtpark vorbei am Denkmal des großen tschechischen Komponisten Friedrich Smetana, der einige Jahre in Pilsen verbracht hatte, bis zum Jugendstil-Komplex des westböhmischen Museums. Leider zwang der eiskalte böhmische Wind zu einer Verkürzung der Stadtführung, so dass die älteste Bierstube Pilsens und das Traditionsgasthaus „U Salzmannu“ nicht nur für das leibliche Wohl sorgte, sondern zu einer echten „Wärmestube“ für die durchgefrorenen Pilsen-Pilger wurde.
Der dritte Termin der Pilsenfahrt war der Besuch der Großen Synagoge, des größten jüdischen Gotteshauses in Europa. Die Stadtführerin schilderte die Geschichte dieses großartigen Gebäudes aus dem 19.Jahrhundert, das in seiner besten Zeit vor 1938 über 2.000 Pilsener Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens Platz bot. Durch die Schoa während der deutschen esetzung 1939-1945 und durch die folgende Auswanderungswelle nach USA und Israel während der kommunistischen Ära ist die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder auf weit unter Hundert geschrumpft. Nichts desto trotz bleibt die Synagoge ein großartiges und eindrucksvolles Zeugnis der jüdischen Kultur weit über Pilsen hinaus.
Der vierte und letzte Programmpunkt war der Besuch im Parteihaus der tschechischen sozialdemokratischen Ortspartei. Der Vorsitzende des Seniorenclubs, Stanislav Tyšer, empfing mit mehreren Vertretern von „60plus“ Pilsen die Gäste aus Regensburg. Er übermittelte die Grüße des neugewählten sozialdemokratischen Pilsener Oberbürgermeisters und informierte über die Arbeit der Partei und insbesondere der Parteisenioren. Brigitte Wilhelm dankte für die Einladung für ein knapp 90 Minuten dauerndes Gespräch und Meinungsaustausch und übermittelte ebenso die Grüße von Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Den eigentlichen Part als Gesprächspartner übernahm Altbürgermeister Walter Annuß als versierter Kenner der Kommunalpolitik der Partnerstadt und der tschechischen Sprache mächtiger Dolmetscher. Mit Gerhard Kulig und Rupert Karl waren auch zwei Mitglieder des Regensburger Seniorenbeirates dabei, die tagsdarauf wiederum ihre Seniorenkollegen aus Pilsen in Regensburg begrüßen durften. Die 60plus-Unterbezirksvorsitzende Brigitte Wilhelm überreichte abschließend als Zeichen des Dankes für den Empfang und die Bewirtung ein kleines Geschenk, ehe es um 17:00 Uhr wieder in Richtung Heimat ging. Grosses Lob von Brigitte Wilhelm gab es bei der Heimfahrt für Walter Annuß, Eberhard Krüger und Martin Auer.
Bericht
Martin Auer